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Wirtschaftswissenschaftler gegen den Entwurf des Europäischen Verfassungsvertrags
-
er
verbietet jede
Alternative zur liberalen Wirtschaftspolitik ; -
er
ordnet die
sozialen Rechte dem Prinzip des Wettbewerbs unter. Teil
III des Textes (zur Politik der Union),
über den in einem Referendum entschieden wird, ist eine
Zusammenfassung
voraufgehender Verträge. Wenn die
Bürger
mit „Ja“ stimmen, heißen sie die neoliberale Politik gut, die
seit zwanzig
Jahren in Europa umgesetzt wird. Die Bilanz dieser Politik ist jedoch
katastrophal: sie hat nicht zu Wachstum und Beschäftigung
geführt, sondern zu
permanentem sozialen Rückschritt (Privatisierung der
öffentlichen Dienste,
Zerschlagung der Sozialsysteme, Zunahme von Ungleichheit und Armut). Die
Eingliederung der Charta der Grundrechte
(Teil II) in den Vertrag kann nicht als Fortschritt angesehen werden.
Die
sozialen Rechte, die weitgehend zurechtgestutzt werden, werden von den
zwingenden Vorschriften in Teil III eingeengt. Ausdrücklich
ausgeschlossen wird
die Möglichkeit einer aktiv betriebenen Harmonisierung; der
Entwurf sieht gemäß
der liberalen Logik vor, diese
Harmonisierung dem freien Spiel der Kräfte des Marktes zu
überlassen. In Wirklichkeit
zielt der Entwurf auf einen Wettbewerb der Sozialsysteme ab: jenseits
einer mit
der EU-Erweiterung überschrittenen, kritischen Schwelle der
Heterogenität
bedeutet das Fehlen einer von oben betriebenen Harmonisierung
tatsächlich die
Harmonisierung von unten. Das
ganze europäische Gebäude ruht auf der
Hypothese, daß allein der Wettbewerb auf allen Ebenen es erlaubt,
das Wohl der
Bevölkerung zu mehren! Diese Hypothese ist jedoch falsch. Sowohl
die Geschichte
als auch der Erfolg einiger europäischer Länder in letzter
Zeit zeigen, daß
leistungsstarke wirtschaftliche Strukturen möglich sind, wo der
Wettbewerb
eingeschränkt und kontrolliert wird. Diesen Weg, der
wirtschaftliche
Wirksamkeit und soziale Gerechtigkeit verbindet, gilt es von neuem zu
beschreiten, anstatt, wie der Vertragsentwurf es tut, das liberale
Credo zu
wiederholen. Die
derzeitige Struktur Europas erlaubt es
nicht, in die von uns empfohlene Richtung zu gehen. Auf EU-Ebene sind
alle
institutionellen Hebel und insbesondere die Verteilung der Kompetenzen
zwischen
Fragen, die einen Mehrheitsentscheid und solchen, die einen
einstimmigen
Beschluß der Mitgliedsstaaten erfordern, so angelegt, daß
Europa weiterhin „im
Krebsgang“ vorwärtskommt: sehr schnell für alles, was der
liberalen Orthodoxie
entspricht, sehr mühselig für alles Soziale. Insgesamt
ist der Vertragsentwurf -
unwirtschaftlich:
er
erhebt eine Politik, deren katastrophale Folgen mehrere
europäische Länder seit
mindestens zwei Jahrzehnten erleben, zur absoluten Norm; -
unsozial:
er
unterwirft die sozialen Recht dem höheren Prinzip des Wettbewerbs; -
undemokratisch:
er
macht jede andere Politik als die liberale unmöglich. -
Schließlich
ist er
antieuropäisch: er zerreißt das soziale Gewebe, macht die
Völker mit allen
Kräften des Wettbewerbs zu Gegnern und führt zu solcher
Unzufriedenheit, daß
sie schließlich den europäischen Gedanken selber
zurückweisen werden. Die
wahren Europäer sind nicht jene, die man
dafür hält! |